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aus dem Gemeindebrief Nr. 69 / Erntedank 2023

„Jubeln sollen die Bäume, wenn er kommt zu richten die Erde!“ Mit diesem poetischen Wort aus dem 1.Chr. 16,33 grüße ich Sie und Euch zum Erntedankfest! Der Baum ist ja das diesjährige Symbol des Konfi-Jahrgangs, wir haben ihn in der Johanneskirche vor Augen. Zachäus ist bereits vom Baum gestiegen bei der Konfi-Einführung. Immer mal wieder beten wir aus dem ältesten Gesangbuch der Welt, den jüdischen und christlichen Psalmen, Psalm 1 (der weise Mensch ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Wurzeln zur Quelle streckt und gute Frucht bringt) „Geh aus mein Herz“ EG 503 hat wunderbare Baum-Strophen. Aber jubelnde Bäume?

Bilder gibt es in der Bibel, da kann man nur staunen. Ich stelle mir das so vor: Die Bäume stehen als jubelndes Empfangskomitee am Wegesrand für den Herrn der Welt, vielleicht gemeinsam mit den Leuten, die mit Palmzweigen und ihren Kleidern den Weg schmücken beim Einzug Jesu, das ist eine Adventsvision, aber es gehört auch zum Palmsonntag und zur Karwoche dazu, wo ganz Jerusalem am Wegesrand steht, als Jesus auf einem Esel einzieht. Jubelnde Bäume - So viel Überschwang in der Bibel lässt mich schmunzeln und macht gute Laune! Ein Gegengewicht zu allem Schwerem, Strengem, Geizigem unserer Tage.

Was wird aus dem Bibelwort, wenn ich es wörtlich nehme? Wir haben gelernt, dass Pflanzen, gerade die Bäume, keineswegs stumm und gefühllos in der Natur herumstehen, sondern lebhaft Anteil nehmen an allem, was um sie herum geschieht, dass sie z.B. Gefahren wahrnehmen und einander bei deren Abwehr unterstützen, ganz besonders engagiert sind die Bäume in den Wäldern, die alle durch die Pilze in ihrem Wurzelwerk miteinander verbunden sind und kommunizieren. Das Leben der Bäume – sie atmen und haben einen Wasserkreislauf von der Wurzel bis zur Krone, sie fühlen gemeinsam und leiden gemeinsam. Sie ersetzen für uns wie von selbst großzügig mit ihrer Kühlleistung eine Klimaanlage. Kann es sein, dass sie tatsächlich Anlass zur Freude und zum Jubel haben, wenn er kommt, um die Erde zu richten?

Welche Veränderung zum Guten könnte es da geben, was die Bäume aufatmen lässt? Im Römerbrief des Paulus findet sich ein ähnlicher Gedanke in ganz anderer Form, nämlich der tiefe Zusammenhang zwischen dem Ergehen der Natur und der Zukunft Gottes. Am dramatischsten im 8.Kapitel: Das ängstliche Harren der Kreatur wartet auf die Offenbarung der Kinder Gottes! Und: Wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick seufzt und in den Wehen liegt.

Schon in biblischer Zeit war also zu erkennen, dass die Erde, so schön und reich sie geschaffen wurde, mit hineingerissen ist in die Verheerungen, die wir Menschen angerichtet haben und immer wieder anrichten durch menschengemachte Waldbrände, Überschwemmungen, Klima-Katastrophen aller Art. Dass die Erde nach Erlösung und Befreiung schreit, verbunden mit der Hoffnung, dass der Herr kommt, um die Erde zu richten.

Hoffnung auf den Richter – passt das zusammen? In der christlichen Tradition hat sich das Gericht am Ende der Zeiten das Jüngste Gericht, eher als Schreckensort und Tag des Zorns eingegraben: „Dies Irae“ singen wir im Mozart-Requiem, und wir kennen Dramatische Altarbilder von Fegefeuer und Verdammnis. Hilfreich ist es das Wort „richten“ genauer anzuschauen: ausrichten, einrichten, aufrichten, so dass danach alles richtig ist, was vorher im Argen lag. Jemand „wird’s schon richten“ – diese volkstümliche Wendung aus Süddeutschland ist weit weg von strenger Rechtsprechung und meint im Grunde, dass der gute und heilsame Zustand aller Dinge wieder hergestellt wird, der Schalom, in dem wir alle am besten gedeihen können. Verbunden und einander unterstützend wie die Bäume des Waldes, die tiefe Wurzeln haben und langen Atem und Geduld.

Jubeln sollen die Bäume des Waldes vor dem Herrn, wenn er kommt, um die Erde zu richten! Darauf zu hoffen, das möchte ich mir nicht nehmen lassen. Und ich denke, dass die Bäume, diese sensiblen Wesen, es sofort merken, wenn sich der göttliche Richter nähert und die Erde wieder ins Lot bringt. Und dann werden sie jubeln. Das Meer wird brausen, die Ströme klatschen in die Hände, ja die Berge hüpfen – singt der Psalm 98. Und der Prophet Jesaja sagt: Denn ihr sollt in Freuden ausziehen und im Frieden geleitet werden. Berge und Hügel sollen vor euch her frohlocken und Jauchzen und alle Bäume in der Steppe in die Hände klatschen (Jes 55,12) Schließen wir uns den sensiblen Bäumen an?

Pfarrerin Dorothee Löhr

 

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